Wie funktioniert das induktive Laden des neuen Cayenne Electric?
Fahrzeug abstellen, aufladen – und das kontaktlos. Was von Smartphone und Co. bekannt ist, funktioniert jetzt auch mit Sportwagen. Erstmalig bei Porsche.
Laden kann so einfach sein. Der Cayenne Electric, der künftig parallel zu den Verbrenner- und Hybridfahrzeugen der SUV-Modellreihe angeboten wird, wird es vormachen: Porsche hat das Wireless Charging als Sonderausstattung für das neue SUV zur Marktreife gebracht. Das bedeutet: Bald sind kein Ladekabel, keine Wallbox, keine Handgriffe mehr notwendig – einfach den Wagen in der Garage abstellen und die Energiezufuhr beginnt. Wie funktioniert das?
Das Ladesystem besteht aus nur zwei Komponenten: einer Bodenplatte für Garage oder Stellplatz und einem Empfangsteil hinter der Vorderachse des Cayenne. „Porsche ist damit aktuell der einzige Automobilhersteller, der kontaktloses Laden mit einem 11 kW starken, innovativen One-Box-System anbieten wird“, sagt Christian Holler, Sachgebietsleiter im Bereich Ladesysteme. Im Alltag vieler Menschen ist diese Form der Energieübertragung längst üblich – beim Induktionsherd, beim Smartphone oder bei der elektrischen Zahnbürste. Doch ein E-Fahrzeug kontaktlos mit Energie versorgen? Das ist das nächste Level.
Die Installation ist intuitiv und mühelos. So wird die Bodenplatte zentral vor der Vorderachse des parkenden SUV positioniert. In dem sechs Zentimeter hohen, 78 Zentimeter breiten und 117 Zentimeter langen Gehäuse steckt alles, was man braucht. „Frühere Lösungen benötigten noch zusätzliche Bauteile wie eine Wallbox“, erklärt Produktmanager Simon Schulze. Die neue Bodenplatte muss nur noch an das Stromnetz angeschlossen werden – schon ist sie einsatzbereit. Vor der ersten Energieübertragung erfolgt das Kennenlernen. Wie bei der Kommunikation zwischen Smartphone und Porsche Communication Management (PCM) tauschen Fahrzeug und Bodenplatte zur Initialisierung ihre Daten einschließlich Passwort aus. Dies ist nur einmal erforderlich und dient vor allem dem Schutz des Kunden vor Missbrauch, wie etwa Stromdiebstahl. In die Bodenplatte ist dafür ein WLAN-Modul integriert, mit dem das Fahrzeug bei jeder weiteren Annäherung Kontakt aufnimmt.
Zur Begrüßung erhält der Fahrer buchstäblich grünes Licht: Auf dem PCM-Display erscheint der Cayenne in der Parkfunktion Surround View. Im Bereich der Vorderachse markiert ein grün leuchtender Punkt auf dem Display das Empfangsteil. Ein ebenfalls grün leuchtender Kreis symbolisiert die Spule des Ladesystems.

Alltagstauglich:
Im Rahmen eines Filmdrehs transportierte das Vorserienmodell des Cayenne Electric einen mehr als 100 Jahre alten und über zwei Tonnen schweren Oldtimer.Die Botschaft dieser intuitiven Rangierhilfe ist eindeutig: Liegt der Punkt im Kreis, steht das SUV richtig. „Wir setzen bei der Positionierung Technologie aus dem Keyless-Go-System ein, das bei der schlüssellosen Fahrzeugentriegelung zum Einsatz kommt“, erklärt Entwicklungsingenieur Simon Klein. Zwei Sensoren im Fahrzeug korrespondieren dabei mit vier Einheiten in der Bodenplatte.
Das Grundprinzip für das Laden ist einfach und seit mehr als 100 Jahren bekannt. In der Fachsprache heißt es „induktive Kopplung“. Zwei Spulen aus Kupferdraht liegen sich deckungsgleich gegenüber. Fließt durch eine der Spulen Strom, entsteht ein Magnetfeld, das in der zweiten Spule eine Spannung erzeugt. Während die bereits bekannten induktiven Ladesysteme, etwa für Smartphones, mit geringen Leistungen arbeiten, standen die Porsche-Ingenieure bei der neuen Technologie vor einer Herausforderung: Um induktives Laden für Elektrofahrzeuge effizient, sicher und wirtschaftlich zu gestalten, reicht einfaches Hochskalieren nicht aus. Porsche hat sich für ein Konzept entschieden, das so wenige Umwege wie möglich geht.
Die Wechselspannung des Stromnetzes wird in der Bodenplatte zuerst in Gleichspannung umgewandelt. Der Grund: Statt mit der netzüblichen Frequenz von 50 Hertz in Europa oder 60 Hertz in den USA arbeitet das Ladesystem mit einer 85-Kilohertz-Wechselspannung. Das entspricht 85.000 Hertz. Dafür ist der Zwischenschritt über die Gleichspannung notwendig. Diese wird im Anschluss in die Wechselspannung mit 85 Kilohertz und 2.000 Volt im Schwingkreis umgewandelt.
„Mit dieser Auslegung erreichen wir, dass auch dann genug Energie übertragen wird, wenn Sende- und Empfängerspule nicht absolut deckungsgleich übereinanderliegen“, erklärt Entwicklungsingenieur Dominik Scherer. Die Software prüft den Versatz und passt die Ladeparameter kontinuierlich an. Bis zu zehn Zentimeter Versatz zwischen Bodenplatte und Empfangsmodul im Fahrzeug sind problemlos. „Wir haben da schon absichtlich etwas Toleranz eingebaut“, ergänzt Simon Schulze.

Induktionsexperten:
Christian Holler (links) und Simon Klein an der Ladeplatte – mit dem vollelektrischen Cayenne wird bei Porsche erstmals induktives Laden verfügbar sein.Sobald der Fahrer die Parkbremse aktiviert, beginnt der Ladevorgang. Bis zu 11 kW Leistung kann das System drahtlos übertragen. Trotz des Luftspalts von 12 bis 18 Zentimetern zwischen Bodenplatte und Empfangseinheit im Wagenboden liegt der Wirkungsgrad bei mehr als 90 Prozent. Der Abstand entsteht durch die serienmäßige Bodenfreiheit des Cayenne Electric. Die Empfängerplatte ist unsichtbar und geschützt in der Unterbodenverkleidung montiert. Ladeleistung und -zeit entsprechen den Werten beim Einsatz einer Wallbox mit Verbindung über Kabel und Stecker. Alles wie bisher also – nur eben ohne weitere Handgriffe.
Eine Reihe von Vorkehrungen stellt sicher, dass keine Schäden durch die hohen Energieströme entstehen. Die Empfängerplatte ist in ein Abschirmblech eingebettet, das ein Streuen des Magnetfeldes nach oben unterbindet und die Komponenten im Fahrzeug schützt. Unter der Spule der Bodenplatte und über der Empfängerspule sorgen Ferrite dafür, dass der magnetische Fluss gezielt geführt wird. Die in der Bodenplatte integrierte Fremdobjekterkennung detektiert metallene Gegenstände wie Schlüssel. Die Lebendobjekterkennung schützt via Bewegungsmelder Menschen, die unter das Fahrzeug fassen, oder Haustiere.
Beide Systeme warnen den Fahrer gegebenenfalls schon bei der Annäherung an die Bodenplatte oder brechen den Ladevorgang sofort ab. „Ein Metallteil würde sich erhitzen, wie etwa bei einem Induktionsherd“, so Simon Schulze. „Das schließen wir durch die Sicherheitsvorkehrungen aus.“ Störungen anderer Systeme ebenfalls: Das kontaktlose Ladesystem unterschreitet alle Grenzwerte für die elektromagnetische Verträglichkeit (EMV) deutlich.
Künftig soll der neu gewonnene Ladekomfort sogar noch gesteigert werden: Porsche arbeitet an einer Kombination von automatischem Parken und kontaktlosem Laden. Das Szenario: Vor der Garage den Wagen abstellen, Knopf betätigen, fertig. Der Wagen parkt ein, startet den Ladevorgang und macht sich startklar für die nächste Ausfahrt – voll geladen natürlich.
Verbrauchsangaben
911 GT3 RS
Panamera Turbo E-Hybrid
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4,4 – 3,6 l/100 km
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11,0 – 10,1 l/100 km
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19,8 – 18,8 kWh/100 km
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99 – 81 g/km
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C – B Klasse
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C – B Klasse
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G Klasse