Roadbook: Delta – Vancouver

Dichter Urwald, die wilde Schönheit der Küsten, eine glitzernde Metropole – in Kanadas Südwesten scheint es, als reisten wir durch verschiedene Welten.

   

Man solle unbedingt für eine Rundreise nach Vancouver Island kommen und dort die Pacific Marine Circle Route nehmen. „Dort warten die ursprüngliche Landschaft, einsame, kurvenreiche Straßen und die schöne Provinzhauptstadt noch dazu.“ Schon vor dem Beginn unserer Reise haben wir den Rat von Garth Webber Atkins eingeholt. Für die Präsidentin des Porsche Club of America, Section Vancouver Island, ist die Route der absolute Traum: mit einem Wechselspiel aus moderner Metropole, einsamen Küstenstraßen und wildem Urwald. 

Das Wort Island erweckt jedoch einen falschen Eindruck: Vancouver Island ist 100 Kilometer breit und 450 Kilometer lang – und damit etwas größer als Belgien. Zwei Fährüberfahrten von jeweils 1,5 Stunden Dauer kommen für unsere Reise infrage. Der Plan: Wir setzen südlich von Vancouver mit der Fährverbindung Tsawwassen–Victoria (Swartz Bay) über, erkunden die spektakuläre Natur auf dem Südwestzipfel der Insel und kehren über Nanaimo via Fähre zurück in den Norden der Millionenstadt, nach Horseshoe Bay. Startpunkt unseres Roadtrips ist die Stadt Delta, benannt nach dem Mündungsgebiet des Fraser River. Ganz in der Nähe übernehmen wir unseren Porsche Macan in der kanadischen Performance-Ausführung, klassisch weiß mit schwarzen Akzenten. Für unsere Zwecke der ideale Wagen: geräumig, aber auch kompakt genug für schmale Passagen – und geeignet für gelegentliche Ausflüge auf Schotterstraßen oder Strandabschnitte.

Mit Freude fahren:

Mit Freude fahren:

Glück ist, wenn alles zusammenkommt – schöne Strecke, herrliche Landschaft und sonniges Wetter.

Bevor wir an Bord gehen, machen wir einen Abstecher nach Steveston Village. Dazu lenken wir unser SUV in den Südwesten von Deltas Nachbarstadt Richmond. Es weht ein frischer Wind, während wir den Fischereihafen und die Umgebung der 220.000-Einwohner-Stadt erkunden. Dabei treffen wir auf Sasha Shkolnik. Die Juwelierin ist vor Jahren aus der Ukraine über Deutschland nach British Columbia ausgewandert. „Die Atmosphäre ist ursprünglich-entspannt“, sagt sie über ihr neues Leben. „Fisch wird direkt vom Boot verkauft, und neben einer Reihe Restaurants haben sich auch Boutiquen angesiedelt.“ Die 54-Jährige hat hier ihren Sehnsuchtsort gefunden.

Mit Liebe geschmiedet:

Mit Liebe geschmiedet:

Paare können bei Juvelisto Design in Richmonds Stadtteil Steveston Village unter Anleitung von Goldschmiedin Sasha Shkolnik Eheringe und anderen Schmuck selbst entwerfen und herstellen.

Weiter geht es in Richtung Tsawwassen-Fährhafen wenige Meter vor der US-Grenze. Auf dem Highway 99 überqueren wir zwei Arme des Fraser River: Der mächtige Strom spült jedes Jahr 112 Kubikkilometer Wasser in den Pazifik und trägt dabei 20 Millionen Tonnen Sediment in den Ozean. Der Fluss wird wie viele weitere Gewässer vom Schnee der Rocky Mountains gespeist. Bei klarer Sicht bilden die Berge das faszinierende Panorama der pazifischen Großstadtregion. 

Wir nehmen den Weg über das Meer. Der Fährhafen und das Stadtviertel sind nach der Tsawwassen First Nation benannt, das frei übersetzt so viel wie „Volk mit Blick auf das Meer“ bedeutet. Hier ist die Heimat der Tsawwassen. Sie sind Teil der Küsten-Salish, einer Gruppe indianischer Ethnien an der Pazifikküste Nordamerikas, deren Geschichte mehrere Jahrtausende zurückreicht. Nachdem sich die Fähre durch die kleinen Inseln vor der Küste bis zur Swartz Bay geschlängelt hat, erreichen wir in gut 30 Minuten die Oak Bay Marina in Victoria. Auf dem Parkplatz erwartet uns eine kleine Abordnung des hiesigen Porsche Clubs mit der Präsidentin Garth Webber Atkins an der Spitze. Schon seit 1996 bilden die Porsche-Fans von Vancouver Island eine eigene, vom Festland getrennte Sektion mit über 600 Mitgliedern. Mitgebracht haben sie heute einen Querschnitt des Club-Fuhrparks: vom 968 Clubsport über einen 928 bis zum klassischen Elfer.

Küstenleben:

Küstenleben:

Mitglieder des hiesigen Porsche Clubs begrüßen uns bei der Ankunft in Victoria.

„Was für eine Freude und Ehre, Besuch aus Stuttgart in Empfang zu nehmen“, ruft uns Webber Atkins zu. Nach der herzlichen Begrüßung machen wir uns mit der Provinzhauptstadt Victoria vertraut.

Steil empor:

Steil empor:

Bis zu 53 Meter hoch sind die Totempfähle auf Vancouver Island. Dieser heißt Knowledge Totem (Totem des Wissens) und steht vor dem Parlamentsgebäude in Victoria. Er erreicht fast zehn Meter Höhe und wurde von Cicero August vom Stamm der Cowichan Salish und seinen Söhnen Darrel und Doug anlässlich der Commonwealth-Spiele 1994 geschnitzt. In Vancouver hingegen dominieren Hochhäuser. Das Vancouver House des dänischen Architekten Bjarke Ingels ist 150 Meter hoch. Sein Querschnitt wechselt vom Dreieck des Grundstücks allmählich zu einem Rechteck.

Der Hafen reicht tief ins Land hinein, imposante viktorianische Gebäude wie das Parlament oder das Fairmont Empress Hotel zeugen von der britischen Besiedlung, die 1843 mit dem Bau von Fort Victoria durch die Hudson’s Bay Company begann. Die Bauten im Kolonialstil prägen das Bild der Stadt genauso wie die Wohnlagen auf den Klippen, die pittoresken Hausboote und die relaxte Atmosphäre, wie wir sie etwa im Hotel Zed verspüren, dessen Interieur die 1960er-Jahre wiederaufleben lässt – inklusive historischen VW Busses vor der Tür. Seit 1849, als die Kronkolonie Vancouver Island gegründet wurde, ist Victoria die Hauptstadt der Insel. Sie blieb dies auch nach der Vereinigung 1866 mit der Kronkolonie British Columbia (BC). Die kanadische Provinz BC ist heute mit einer Fläche von 920.686 Quadratkilometern größer als jedes europäische Land. Gleichwohl hat sie aber nur fünf Millionen Einwohner. 

Nicht weit vom Parlament entfernt, im Thunderbird Park, steht das Mungo Martin House, 1953 vom wohl bedeutendsten Künstler der First Nation im traditionellen Stil der Kwakwaka’wakw errichtet. Mungo Martin (1879–1962) war ein Häuptling der Potlatch-Versammlung der indigenen Völker. Beeindruckend auch sein im Jahr 1953 geschaffener Totempfahl – eine monumentale Skulptur, aus einem Baumstamm geschnitzt und bunt bemalt. Die Errichtung eines Totempfahles gilt als Symbol der Stellung einer Familie in der sozialen Hierarchie eines Stammes. 

Aufs Wasser gebaut:

Aufs Wasser gebaut:

Farbenfrohe Hausboote in Victoria Harbor liegen neben dem Parlamentsgebäude der Provinz British Columbia. Mit seinem viktorianischen Baustil macht es dem Namen der Hauptstadt alle Ehre (unten).

Weiter geht es Richtung Sooke. Die Kleinstadt mit den Surferstränden bietet sich für eine Übernachtung an. Besonders originell: das East Sooke Tree House. Ein luxuriöses Baumhaus, mitten im dichten Urwald. Auf dem Weg dorthin gehört die Straße uns fast allein. Die Brücken sind einspurig – warten müssen wir dennoch nie. Der Highway 14, noch vor wenigen Jahren eine ungeteerte Holzfällerstraße, folgt bis Port Renfrew der Küstenlinie: Von etwas höheren Punkten genießt man eine wunderbare Aussicht über die Juan-de-Fuca-Meeresstraße auf die Olympic-Halbinsel in den USA. Direkt am Ufer verläuft der Wanderweg West Coast Trail: 1907 wurde er als Rettungsweg eingerichtet, um Schiffbrüchigen zu Hilfe eilen zu können. Stürme und hohe Wellen, die eine kilometerbreite Sandbank verschieben, machten den Küstenabschnitt für Seeleute schon früher unberechenbar. Matrosen jener Zeit nannten ihn „Friedhof des Pazifiks“ – am Meeresgrund liegen heute wohl mehr als 100 Schiffswracks. 

Lebensgefühl:

Lebensgefühl:

Das Hotel Zed in Victoria erinnert an die 1960er-Jahre, Referenzen an luftgekühlte Zeiten inklusive. Bei Seek & Surf in Sooke ist Wassersport Programm (unten).

Auch der Highway selbst ist durchaus anspruchsvoll, mit Steigungen und Gefällen, Kehren und Senken – bei schönem Wetter bietet er Fahrfreude pur. Die Lenkung des Macan überträgt die Impulse des Fahrers präzise auf die Straße, beim Beschleunigen aus den engen Kurven sorgt der Allradantrieb für großzügige Traktion. Die Kraft über alle viere wirken zu lassen, gibt auch ein gutes Gefühl, als wir uns entscheiden, mit dem Macan direkt an den Steinstrand zu fahren. Auf den faustgroßen Kieseln fühlt sich das sportliche SUV wohl.

Hier der salzige Duft des Pazifiks, ein paar Meter weiter der leicht modrige, tief erdige Geruch des Regenwalds, der uns umhüllt und kaum einen Sonnenstrahl durchlässt, dann ein intensiv harziger Duft von den warmen Kiefernnadeln am Waldboden – wir sind mittendrin in der spektakulären Natur von Vancouver Island. 

Grüne Oase:

Grüne Oase:

Wenn die Sonne scheint, vergisst man schnell, warum der Wald an der Pazifikküste in British Columbia die Definition Regenwald erfüllt – dafür bedarf es mindestens 1.400 Millimeter Niederschlag pro Jahr.
Die Ruhe weg:

Die Ruhe weg:

Schwarzbären am Straßenrand lassen sich von Autos nicht irritieren. Auf Vancouver Island leben mehr als 7.000 Exemplare, in ganz BC sind es mehr als 120.000.

In Port Renfrew endet die Küstenstraße. Wer am Meer bleiben will, wird bei den Seaside Cottages fündig. Direkt am Wasser laden komfortable Chalets mit privatem Strandzugang und Hot Tub zu einem Wellnesserlebnis mitten in der Wildnis ein. Wale im Meer, Schwarzbären im Wald, Adler in der Luft – für Sichtungen dieser Art eignet sich der Ort perfekt. Das Dorf mit 144 Einwohnern liegt an der San-Juan-Bucht, in die auch der gleichnamige Fluss mündet. Seit ewigen Zeiten leben Menschen hier vom Fischfang. Und – nachdem die Engländer kamen – auch von der Holzwirtschaft. Nicht ganz unwichtig: In Port Renfrew steht die einzige Tankstelle auf den knapp 130 Kilometern zwischen Sooke und Lake Cowichan.

15 Kilometer weiter findet sich im Urwald eine der größten lebenden Douglasien der Welt – 73,8 Meter hoch, mit 13,3 Metern Umfang und womöglich 1.000 Jahresringen. Riesen-Thujas, auch rote Zedern genannt, ragen ebenfalls weit in den Himmel, Wanderwege bieten Zugang zu ihnen. Doch Vorsicht: Schilder weisen darauf hin, wegen der Schwarzbären und Berglöwen Kinder an der Hand zu halten und Hunde an der Leine zu führen. 

Unser Highway 14 biegt hier ins Gebirge gen Norden ab. Die Forststraße bietet einsame 60 Kilometer lang Natur pur, erst im Städtchen Lake Cowichan mit seinen knapp 3.000 Einwohnern am gleichnamigen See wird man wieder mit touristischer Infrastruktur empfangen. Die Lokale am Wasser laden zum Verweilen ein: vom klassischen nordamerikanischen Diner bis zum gehobenen Fischrestaurant. Nach einer Stärkung reisen wir weiter bis zur Departure Bay in Nanaimo, dort setzen wir wieder über aufs Festland. Vor der Ankunft in Horseshoe Bay werden wir mit grandiosen Blicken auf Vancouver und die umgebenden Gebirgsmassive verwöhnt. Selbst der rund 150 Kilometer entfernte Mount Baker zeigt sich.

Seltener Anblick:

Seltener Anblick:

Über Vancouver Harbour und die Hafenanlagen hinweg leuchtet Mount Baker im Abendlicht. Der 3.286 Meter hohe, eisbedeckte Vulkan im US-Staat Washington ist rund 110 Kilometer von hier entfernt.
Auf dem Rückweg:

Auf dem Rückweg:

Nanaimo heißt die Hafenstadt, von der aus es zurück aufs Festland zur Horseshoe Bay geht. Die Lions-Gate-Brücke überspannt die Meerenge zu Beginn des Burrard Inlet genannten Fjords. Er ragt 44 Kilometer weit ins Land.

Um unser Ziel Vancouver zu erreichen, müssen wir noch den 44 Kilometer langen Fjord überwinden und nehmen die imposante Lions Gate Bridge. Die Straße führt danach durch den Stanley Park am nördlichen Ende der Metropole. Mit einer Fläche von 404,9 Hektar, auf der eine halbe Million Bäume stehen, ist er der größte Stadtpark Kanadas, der drittgrößte Nordamerikas und schon seit 1886 geschützt. Seine Größe entspricht etwa 550 Fußballfeldern, durch den Park zieht sich ein 200 Kilometer langes Netz von Spazierwegen. 

Jetzt erreichen wir die Innenstadt von Vancouver und passieren eine weitere Brücke: die über den Meeresarm False Creek, der von seinen Entdeckern irrtümlich für einen Fluss gehalten wurde. Hier liegt die kleine Halbinsel Granville Island. Lange ein Zentrum der Industrie, lohnt sich heute ein touristischer Besuch des Einkaufs- und Kulturviertels. Ein Abstecher zur großen Markthalle ist Pflicht, die vielen Restaurants wirken einladend. Ebenso die Möglichkeit, mit den kleinen Personenfähren den False Creek zu erkunden. 

Und auch der Blick auf die Hochhäuser gegenüber ist bemerkenswert, besonders das Vancouver House des dänischen Architekten Bjarke Ingels fällt sofort ins Auge: Auf einem dreieckigen Bauplatz errichtet, nimmt das 150 Meter hohe Appartementgebäude diese geometrische Form auf; das Profil erreicht erst im oberen Drittel eine rechteckige Form.

Hier neigt sich unsere Reise dem Ende zu. Eine Reise auf einer Route, auf der sich Tradition und Moderne die Hand reichen, wo Ursprüngliches auf Imposanz trifft. Und wo es immer noch so viel zu entdecken gibt.

Die Route selbst erkunden

Entdecken Sie den gesamten Verlauf der Route in Kanada in der Roads App.

Jochen Kruse
Jochen Kruse
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Verbrauchsangaben

Macan S

WLTP*
  • 11,7 – 11,1 l/100 km
  • 265 – 251 g/km
  • G Klasse

Macan S

Kraftstoffverbrauch* / Emissionen*
Kraftstoffverbrauch* kombiniert (WLTP) 11,7 – 11,1 l/100 km
CO₂-Emissionen* kombiniert (WLTP) 265 – 251 g/km
CO₂-Klasse G
Effizienzklasse: G