Quiet, please – die Stille vor dem Aufschlag 

Die weiblichen Idole der Tenniswelt stehen gerne für ihre Inszenierungen Modell – exklusiv für den Christophorus zeigt sich Starfotografin Radka Leitmeritz selbst vor der Kamera.

   

Radka Leitmeritz:

Radka Leitmeritz:

Die gebürtige Tschechin revolutioniert die Tennisfotografie. Das Selbstporträt im Vintagelook entstand in Scottsdale, Arizona.

Es ist unmöglich, Radka Leitmeritz zu übersehen in diesem schnuckligen Café am Pazifikstrand. Sie ist, natürlich, direkt vom Tennistraining hierhergekommen: 80er-Jahre-Jacke mit grüngelbem Raster, auf das ungefähr 1.000-mal das Wort Tennis gestickt ist, silberne Halskette mit Tennisschläger-Anhänger, weißes Cap mit mintgrünem Tennisball-Aufdruck. Sie könnte in diesem Outfit ohne Weiteres in einem der unvergesslichen Filme auftreten, die diesen Sport romantisieren. Match Point von Woody Allen zum Beispiel. Leitmeritz mag die Bildsprache dieses melodramatischen Thrillers von 2005. 

„Ich bin in einem Betonklotz in der Nähe von Prag aufgewachsen“, erzählt die 47-Jährige. „Tennis war für mich ein unerreichbarer Sport, ich hatte diese romantische Vorstellung: Leute gehen in den Club, sie tragen schöne Vintagekleidung und trinken Limonade auf der Terrasse.“ Diese Welt war weit von ihrer Lebensrealität in Tschechien entfernt. Leitmeritz ging nach München und jobbte als Fotoassistentin. Die nächste Station war Paris. Als fertig ausgebildete Fotografin wagte sie den Sprung nach Los Angeles und arbeitete mit Stars wie Nicole Kidman.

Emotionale Inszenierung:

Emotionale Inszenierung:

Petra Kvitová – fotografiert von Radka Leitmeritz.

Dort entbrannte auch ihre Tennisleidenschaft. Vor vier Jahren, in der allerersten Trainingsstunde: „Ich war sofort süchtig und wollte alles über den Sport lernen.“ Was dann geschah, belegt: Wer einer großen Leidenschaft folgt, wird häufig mit Erfolg belohnt. „Die Redaktion der tschechischen Ausgabe von Elle bemerkte, dass ich dauernd Tennisfotos auf sozialen Medien veröffentlichte – so kam es zur Anfrage, ob ich Petra Kvitová fotografieren wolle.“ Bei diesem Shooting 2018 entstand jenes berühmte Foto, das die zweimalige Wimbledon-Siegerin auf den Stufen einer verfallenden Tribüne zeigt. Sie liegt mit dem Rücken zur Kamera, Kleidung und Körper sind verdreckt von rotem Sand. Etwas Vergleichbares hatte die Tenniswelt noch nicht gesehen. Von den Spielerinnen gibt es meist nur zwei Arten von Fotos: in Aktion auf dem Platz oder hochgestylt für Modemagazine. „Das wird irgendwann langweilig“, sagt Leitmeritz. Ihre Vision ist eine andere: „Ich will die Momente, die sonst keiner fotografiert.“ Immer gibt es das Foto der Siegerin – aber bei einem Grand-Slam-Turnier fahren 127 andere Spielerinnen mit einer Niederlage nach Hause: „Ich will die Tenniswelt hinter den Kulissen zeigen – die Tränen der Verliererin, ihre Einsamkeit im Hotelzimmer, Begegnungen in der Umkleide.“

Klarheit voller Emotionen.

Barbora Strýcová:

Barbora Strýcová:

Ihre größten Erfolge feierte sie im Doppel. Leitmeritz stellt sie als Eva dar.

Das Foto von Kvitová hat ihr die Tür geöffnet in diese oft verschlossene Welt. Es stellte sich heraus, dass viele Spielerinnen Lust hatten auf Experimente. Auf dem Platz tragen sie die Kleidung der Sponsoren, bei Modeshootings die der Designer. „Sie haben bemerkt, dass es mir darum geht, ihre unterschiedlichen Persönlichkeiten herauszuarbeiten“, sagt Leitmeritz. Also: Bianca Andreescu unter der Dusche, Barbora Strýcová als Eva mit einem zum Apfel stilisierten Tennisball, Angelique Kerber in Schwarz-Weiß in einem scheinbar endlosen Gang. Es gelingt der Fotografin, diesen Individualistinnen gerecht zu werden und dabei ihrer Retroästhetik treu zu bleiben. 

In ihren Bildern verschwindet die Grenze zwischen Leben und Kunst. Sie schätzt Szenen wie das pantomimische Tennisspiel im Park am Ende des Films Blow Up von 1966. „Ich suche Charakter – auch bei Orten.“ Verlassene Spielstätten, Swimmingpools und Tenniscourts faszinieren sie. „Man weiß nicht, was da passiert ist, das stimuliert die Fantasie.“ 

Die gebürtige Tschechin hat dem Sport tatsächlich jene Romantik verliehen, von der sie als Kind träumte. Und wie sieht sie sich selbst in diesem Kosmos? Als Porsche-Fan wagt sie exklusiv für den Christophorus das Experiment einer Selbstinszenierung. Eine Herausforderung: „Ich mag es nicht, fotografiert zu werden. Aber ich wollte sehen, wie das ist. Ich in der Tenniswelt.“

Maria Sharapova:

Maria Sharapova:

Für das Porsche-Projekt „Court Supremes“ inszenierte Leitmeritz die frühere Weltranglistenerste in Los Angeles.

Court Supremes

Das fortlaufende Fotoprojekt von Porsche Central und Eastern Europe, der Porsche AG und Radka Leitmeritz ist eine kunstvolle Hommage an starke Frauen des Tennissports. Weltklassespielerinnen wie Petra Kvitová und Martina Navratilova sowie die Porsche-Markenbotschafterinnen Julia Görges, Angelique Kerber und Maria Sharapova standen dafür schon vor der Kamera. Alle fünf sind auch bereits als Siegerinnen des Stuttgarter Porsche Tennis Grand Prix mit einem Porsche 911 als Prämie vom Platz gefahren. 2022 findet das Turnier vom 16. bis 24. April statt. Der Sportwagenhersteller ist seit 1978 Förderer im Damentennis und hat sein Engagement stetig international ausgebaut.

Jürgen Schmieder
Jürgen Schmieder
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