1:41,770 Min.

Neel Jani ist bereit. Die Türen des Porsche 919 Hybrid Evo sind geschlossen, die Gurte liegen stramm an. Tag drei der Testfahrten im belgischen Spa.

Die Frühlingsluft an diesem 9. April 2018 hat sich auf 11, der Asphalt auf 13 Grad erwärmt. Der 34-jährige Schweizer, 2016 einer der Le-Mans-Sieger, ruht in sich. Totale Fokussierung. Vor ihm liegen die 7,004 Kilometer dieses legendären Grand-Prix-Kurses, der auch „Ardennen-Achterbahn“ genannt wird. Seine Mission: schneller zu sein als ein Formel-1-Fahrzeug.

Fast geräuschlos rollt der 919 los, die Aufwärmrunde beginnt rein elektrisch. Erst jenseits der Boxengasse springt der zwei Liter große Turbo-Vierzylinder an. Drei Mal hat der Hybrid-Rennwagen die 24 Stunden von Le Mans gewonnen, sechs WM-Titel erobert. Doch erst heute, am Beginn seiner Tribute Tour, darf er zeigen, was er wirklich kann – befreit von den Fesseln des Reglements, vom Durchflussmengenbegrenzer, von der Limitierung beim Boosten der rekuperierten Energie, von aerodynamischen Einschränkungen und vom verordneten Mindestgewicht. Der Evo wiegt nur 849 Kilogramm, der Turbo-Motor hat 260 PS zugelegt. Die Gesamtleistung liegt bei 1.160 PS. Jani bringt die Reifen auf Temperatur. Volle Konzentration. Jetzt muss alles passen.

Es passt alles. Das Anbremsen der Spitzkehre La Source und das Davonkatapultieren, ohne in die Traktionskontrolle zu geraten. Der Spurt durch die Senke von Eau Rouge und über die verdeckte Raidillon-Kuppe endet mit flach gestelltem Heckflügel vor Les Combes bei knapp 360 km/h. Die kontrollierte Fahrt in der engen Rivage, um die Reifen zu schonen. Die endlose Pouhon-Doppellinkskurve mit über 260 km/h und mehr als 5,5 g Querbeschleunigung. Wie Jani den Linksknick von Blanchimont bei 333 km/h nimmt – ohne Lupfen. Wie er trotz Bodenwelle den Bremspunkt vor dem letzten Streckenabschnitt, der Schikane, trifft. Und wie er maximal auf die Start-Ziel-Gerade beschleunigt.

„Gedanken konnte ich mir auf der Runde nicht machen – ein Mal zögern kostet ja gleich drei oder vier Zehntel.“ Neel Jani

Nach 1:41,770 Minuten ist Jani mit dem Porsche zurück, schneller als jede andere Kombination aus Mensch und Maschine auf diesem Kurs. Rekord. Beim Formel-1-Grand-Prix von Belgien sechs Monate zuvor hätte die Zeit locker für die Poleposition gereicht. „Gedanken konnte ich mir auf der Runde nicht machen – ein Mal zögern kostet ja gleich drei oder vier Zehntel“, rekapituliert Jani seine Fahrt. Dann schließt er noch einen persönlichen Superlativ an: „Der 919 Evo ist brutal beeindruckend und definitiv das schnellste Auto, das ich je gefahren bin!“

09.04.2018

Rekordfahrt
Spa-Francorchamps, Belgien
Neel Jani
7,004 Kilometer Streckenlänge
Porsche 919 Hybrid Evo

Klaus-Achim Peitzmeier
Klaus-Achim Peitzmeier

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