Von Banken und Büchern
Porsche Deutschland: Am 16. Oktober beginnt in der Main-Metropole wieder die weltgrößte Buchmesse. Die ideale Zeit, dem schillernden Frankfurter Nebeneinander von Intellekt und Kommerz auf den Grund zu gehen. Eine Anleitung von unserer Gastautorin Mara Delius, Leiterin „Die Literarische Welt“.
Kultur
Verbrauchsangaben
Porsche Panamera 4 E-Hybrid Sport Turismo
Kraftstoffverbrauch (in l/100 km) kombiniert: 2,9–2,8
CO2-Emissionen (g/km) kombiniert: 66–64
Stromverbrauch (kWh/100 km) kombiniert: 16,2–16,1 (Stand 10/2019)
„Noch bevor er den Main sah, entdeckte er den ersten Möwenflügel am dunklen Himmel.“ Aus „Tarzan am Main“ von Wilhelm Genazino
Goethe, Sven Väth, eine Messe von Weltrang. Und natürlich die große Finanzwelt – Frankfurt am Main war schon immer eine Stadt der Visionäre. The skyline is the limit!
Banken und Bücher, passt das zusammen? In Frankfurt unbedingt. Und nein, wir meinen mit Büchern natürlich nicht etwa Buchhaltung, sondern Romane, Erzählungen und Lyrikbände. Die Stadt am Main ist immer ein Ort der Dichter und Denker gewesen; Goethe kommt uns in den Sinn, er wurde hier geboren. Marcel Reich-Ranicki, dessen bewegtes Leben hier endete, Frank Schirrmacher, der von hier aus die intellektuellen Debatten des Landes dirigierte. Alle drei gibt es nicht mehr, wir können sie nicht mehr besuchen. Aber es gibt Orte, die durch Literaten und den Literaturbetrieb geprägt wurden – dorthin lassen wir uns chauffieren.
Maximaler Wohlfühlfaktor
Unser Wagen fährt vor, wobei: eher gleitet er heran. Auch wenn es sich mit dem Porsche Panamera 4 E-Hybrid Sport Turismo um ein durch und durch futuristisches Gefährt handelt – mit Chauffeur zu fahren hat etwas angenehm Dekadentes und birgt einen für Büchermenschen unschätzbaren Vorteil: Man kann jederzeit lesen und bewegt sich wie in einem komfortabel geschützten Denkraum durch den Tag, während draußen die Welt vorüberzieht in der eigenen Frankfurter Mischung aus Gründerzeitgrandezza, engen Fünfzigerjahrenachkriegsbauten, stiller Westend-Eleganz und Bahnhofsviertelbetriebsamkeit.
Unser Fahrer steuert auf ein leuchtend weißes Gebäude mit Säulen am Eingang zu, das wie ein früher Gegenentwurf zu der Bankensilhouette am Horizont daliegt. Das Literaturhaus ist ein klassizistischer Bau, direkt am Übergang zwischen neu gebautem Europaviertel und alter Innenstadt gelegen. 1820 als Stadtbibliothek erbaut, wurde es im Krieg zerstört, und nach dem Wiederaufbau zum Literaturhaus: Es gehört zu den umtriebigsten in Deutschland und ist auch jenseits der Buchmesse einer der schönsten klassischen Orte für Gespräche über Bücher. Im angeschlossenen Café blicken von Porträtfotografien die Großen der Weltliteratur; der Dramatiker Samuel Beckett sieht einen aus seinen wissenden Adleraugen an, der Dichter W. H. Auden liest mit interessiert gefurchtem Gesicht wie in sich versunken.
So eingestimmt fahren wir weiter zu den Skulpturen im Liebieghaus, einer schlossartigen Villa vom Ende des 19. Jahrhunderts, die einer der schönsten Gärten der Stadt umgibt mit Platanen und Blauglockenbäumen. Gezeigt werden rund 3.000 Skulpturen aus mehr als 5.000 Jahren Menschheitsgeschichte, vom alten Ägypten bis zum Klassizismus.
Bevor es uns zu bildungsbürgerlich werden kann, geht es ins alternative Künstlerhaus Mousonturm. Der in den Zwanzigerjahren als Teil einer Parfümfabrik entstandene Turm gilt als das erste Hochhaus Frankfurts, auch wenn die 34 Meter Höhe heute vergleichsweise bescheiden wirken – der Turm der Europäischen Zentralbank ist 201 Meter hoch. An der Bar im Innern treffen sich zur Buchmesse Autoren, die Abwechslung vom absoluten Buchmessen-Klassiker, der Hotelbar des Frankfurter Hofs, suchen. Und auch sonst findet sich hier eine ungewöhnliche Kunst-Mischung aus Konzerten, Theater und Lesungen. Auf der Klinkerfassade steht der schöne Orakelsatz des Künstlers Tim Etchells in Neonschrift: „the future will be confusing“.
Sossenheim ist überall, „ein Gebäudehaufen ohne Gesicht, Eigenart und Charme.“ Aus „Last Exit Sossenheim“ von Clodwig Poth
Das Stammcafé der Frankfurter Schule
Um uns nicht zu sehr von der Zukunft verwirren zu lassen, fahren wir noch mal an einen Ort, wo die intellektuelle Nostalgie zu Hause ist: das Café Laumer. Die Institution im Westend wurde vor hundert Jahren gegründet und hat heute eine sympathisch omacaféhafte Patina. Ohne das Laumer wäre die Geistesgeschichte der Bundesrepublik wohl ganz anders verlaufen: Die Denker Max Horkheimer, Karl Mannheim und Theodor Adorno trafen sich hier, in den Fünfziger- und Sechzigerjahren wurde es zum Stammcafé der Frankfurter Schule, um Achtundsechzig demonstrierten draußen die Klügeren der Rebellen. Heute erinnert die Holzverkleidung im Innern und eine eher traditionelle Kuchenauswahl an vergangene Jahre; wollte man deutsche Geistesgeschichte verfilmen, müsste eine Szene die hellgelbe Fassade des Laumer zeigen.
Eine weitere Institution ist unweit zu besichtigen, zumindest von außen: die Villa des legendären Verlegers Siegfried Unseld in der Klettenbergstraße 35. Lange Zeit war sie das Wohnzimmer der deutschen Intelligenz. Jetzt öffnet der Verlag die efeuumrankte Villa mit knarzendem Parkettboden nur noch zu einem exklusiven Anlass der Buchmesse, dem Kritikerempfang – aber die Suhrkamp-Bücher im elegant reduzierten Design von Willy Fleckhaus kann man natürlich jederzeit kaufen.
„Die Gegenwart, das ist doch nicht einfach bloß jetzt.“ Aus „Mein Bahnhofsviertel“ von Peter Kurzeck
Hier enden lange Buchmesse-Tage
Am Ende eines Tages, der so ganz im Zeichen von Geist und Hochkultur stand, gibt es eigentlich nur noch die Möglichkeit der Flucht in die Ablenkungen des einfacheren Lebens. Entweder man gibt sich konsequent noch mehr Klassisches, dann fährt man am besten auf die Autobahn und mit Höchstgeschwindigkeit weiter ins idyllische Bad Homburg und spaziert durch den Schlossgarten. Oder man taucht ab in eine ganz andere Welt. Wir entscheiden uns für den Gegensatz, um uns, zwei, drei Beschleunigungen später, vor dem „Plank“ wiederzufinden: einer in minimalistischem Schwarz gehaltenen Bar. Hier, zwischen Clubs und Bier-Pinten, enden irgendwann auch die längsten Abende der Buchmesse. Wagen und Chauffeur lassen wir in einer dunklen Seitenstraße stehen und verschwinden in der beliebtesten Bar im Bahnhofsviertel – auch das eine Gegend, die schon zu Literatur geworden ist und damit für jeden erfahrbar.
„Ich war froh, dass ich seit so vielen Jahren zum ersten Mal wieder auf der Buchmesse war …“ Aus „loslabern“ von Rainald Goetz